27. November 2004
Oase Tisserdmine - Erg Chebbi
Heute sollten wir endlich die grossen Dünen von Erg Chebbi erreichen. Wir folgten dem Oued - einem trockenen Flussbett – auf dem Weg dorthin. Rauf und runter gings. Die bläulich-grauen Felsen ragten kontrastreich aus den Sandverhehungen heraus. Immer wieder auch einzelne vertrocknete Büsche. Und vorallem: Spuren von Menschen, Vieh und Fahrzeugen. Die Wüste ist nicht leer und einsam. Zumindest in diesem Teil nicht. Überhaupt hatte ich nach einem Tag bereits begriffen, dass wir uns nie weiter als zwei bis drei Stunden weg von der nächsten Siedlung bewegten. Und doch war es still und leer.
Gegen Mittag erreichten wir Erg Chebbi. Um das Erlebnis noch vollständig zu machen, stiegen wir noch kurzerhand auf die erste der grossen Dünen hinauf. Es ist wirklich beeindruckend. Diese Dünen erheben sich weit höher, als alle Felszüge, die wir bisher überquert hatten. Der Blick von oben war dementsprechend auch überwältigend.
Wir campierten zwischen den drei höchsten Gipfeln dieses Erg. Erg bedeutet übrigens eine Sanddüne bzw. Sandwüste. Eine Steinwüste dagegen heisst Reg. Man beachte das Wortspiel. Ein kleines Mädchen kam vom benachbarten Zelt herüber und wollte uns ihre selbstgemachten Puppen und Anhänger aus Glasperlen verkaufen. Ihr Angebot war nicht sehr verlockend, aber ihr Anblick um so herzzerreissender. So handelte ich halt mit ihr um eine Glasperlenkette. Und wenn sie auch noch keine zehn Jahre alt war, im Verhandeln war sie bereits ziemlich abgebrüht.
Den Sonnenuntergang beobachtete ich von einer anderen Düne aus. Von dort oben konnte man auch ein Hotel in der nähe ausmachen. Dieses bietet seinen Gästen eine Übernachtung „in den Dünen“ an. Etwa ein Kilometer von den Hotelanlagen entfernt sind einige Zelte aufgebaut, in denen die Gäste die nacht verbringen können.
Moha fand einen Bambusstock. Und zu meinem Erstaunen werkelte er daraus in nicht mal einer halben Stunde, eine Flöte und fing an darauf zu spielen. Dieser Mann erstaunte mich jeden Tag aufs Neue. Er sprach zwar kaum ein Wort französisch, hatte Hände und die Kraft eines Baggers, und war dennoch so sensibel. Er schlief übrigens auch unter freiem Himmel. Ich war ja froh um mein Zelt und meinen Schlafsack, und dieser Mann legt sich einfach unter die Sterne schlafen. Als ich ihn eines Morgens fragte, ob er denn nicht frieren würde, meinte er nur: er hätte fast gespürt, dass es kalt gewesen wäre.