Marokko 2004

Sonne über Marokko

1. Dezember 2004: (Karte)

Erg Znaguï - Merzouga - Rissani - Todra

Am frühen morgen (es war noch nicht einmal hell) hörte man schon von weitem den Motor eines sich nähernden Jeeps. Er sollte mich und Hassan abholen für die dritte Etappe meiner Reise. Nach dem Morgenessen verabschiedete ich mich von der Karawane und den Kollegen, die mich so sicher durch die Sahara geführt hatten.

Wir nehmen Ali und einen grossen Teil des Materials mit bis in sein Dorf. Über Sandpisten geht’s paralell zur neuen Strasse, die gerade gebaut wird. Auch dieser Teil von Marokko soll also erschlossen werden. Die Strasse folgt hier dem Handy-Netz. Auf meinem ganzen Treck hatte ich eigentlich immer Empfang, was mich wirklich erstaunte. Sobald man auf eine Düne hinaufgestiegen war, konnte man mit sehr gutem Empfang rechnen.

Dann beginnt die lange Fahrt nach Marrakesch. Wir folgen dem Rand der Wüste via Merzouga, Rissani und verschiedene kleine Ortschaften. An manchen Orten ist gerade Markt. Die ganze Bevölkerung scheint sich dann im Ort zu treffen. Es ist kaum ein Durchkommen durch die Strassen. Auf dem Weg nach fahren wir plötzlich an einem Feld von kleinen vulkanähnlichen Anhäufungen vorbei. Zu hunderten reihen sie sich auf. Sie scheinen auf keinen Fall natürlich zu sein. Und tatsächlich: wie mir Hassan erklärt, ist dies ein altes Brunnensystem, um die Stadt, die wir gerade durchquert hatten, mit Wasser zu versorgen. Man suchte mit Wünschelruten oder ähnlichem eine Wasserader. Grub ein Loch, bis man auf Wasser stiess, und fing von dort an in Richtung Stadt alle 5 bis 10 Meter ein weiteres Loch zu graben. Diese Brunnen verband man dann unterirdisch mit Tunneln. immer mit etwas Gefälle hin in Richtung Stadt. Mit solchen Khottaras (sprich: „Fogaras“) konnte man das Wasser in die Stadt fliessen lassen. Ein ähnliches System hat bis vor ein paar Jahren sogar Marrakesch mit Wasser versorgt.

Nach dem Mittagessen an der Tankstelle von Tabesbeste erreichten wir die Oase Tinerhir. Nach Tagen von Sand und Trockenheit vermittelte das bisschen Grün einen unglaublich fruchtbaren Eindruck. Mit der Landwirtschaft, die hier betrieben wird, können sich die Leute einen kleinen Lebensunterhalt verdienen. Wir besichtigten die Oase. Gepflegte Felder, Sträucher und Bäume prägen das Bild. Und immer wieder beeindrucken die satten Erdfarben, die Grüntöne auf den Feldern und die ockerfarbenen Fassaden der Wohnburgen. Im Innern der Oase findet man eine Vielzahl von kleinen Gärten durchzogen von einem ausgeklügelten System von Bewässerungskanälen. Neben aller möglichen Arten von Gemüse wird hier hauptsächlich Datteln, Feigen, Luzerne (als Viehfutter), Weizen und Mais angebaut. Die Parzellen sind Privatbesitz, doch bewirtschaftet wird die Oase in der Regel gemeinschaftlich. Es gibt keine Maschinen. Die Wege und Felder wären auch viel zu klein. Einzig Esel und Maultier unterstützen die Menschen hier bei ihrer Arbeit. Doch gesäht und geerntet wird grundsätzlich von Hand. Auch werden keine Kunstdünger eingesetzt. Als Nährstoffergänzung wird Mist aus den Ställen am Rande der Oase herangekarrt.

Das letzte Stück in die Todra-Schlucht hinauf legen wir im Auto zurück. Ganz oben, gleich bei der Quelle des Flusses, liegt unser Hotel. Endlich wieder mal eine Dusche nehmen! Aber die Enttäuschung folgt auf dem Fuss. Es gibt hier nur Strom und warmes Wasser zwischen 5 und 7 Uhr Abends. Das Hotel Yasmina ist nicht ans Stromnetz angeschlossen, und muss daher seine Energie aus einem grossen Generator gewinnen, der einen ziemlichen Lärm in der Schlucht verursacht, wenn er läuft. Zudem sind wir wieder einmal die einzigen Gäste. Aber schliesslich komme ich dann doch noch zu meiner Dusche und einer schönen Rasur. Man glaubt kaum, wie wohl man sich danach wieder fühlt.