Marokko 2004

Sonne über Marokko

29. November 2004

Imergane - Djebel Beya

Heute sollten wir eine riesige Steinwüste, fast horizontlos, durchqueren. Eigentlich völlig unspektakulär liess diese Etappe mich spüren, wie Eintönig die Wüste sein kann. Natürlich waren es immer wieder andere Farbschattierungen, die Weite, der sich kontinuierlich verändernde Horizont, welche den Reiz der letzten Tage ausmachten, doch irgendwie erscheinen heute die Steine wie Steine. Mal grösser, mal kleiner, mal häufiger, mal ganz von Sand bedeckt. Wir wanderten alle zusammen, weil es keinen Anlass gab, einen kleinen Umweg zu machen. Die Steine waren wirklich überall gleich.

Nachdem wir ungefähr zwei Stunden hinter uns hatten, bemerkte Ali plötzlich, dass eine der Matrazen fehlte. Irgendwann muss sie von einem der Kamele herunter gefallen sein. Da wir sie nicht erspähen konnten, lief Ali kurzerhand wieder den ganzen Weg zurück, um das fehlende Stück zu suchen. Gut zwei Stunden später holte er uns wieder ein, völlig erschöpft, aber mit der fehlenden Matraze auf dem Rücken. Er hatte an diesem Tag mindeste das Doppelte geleistet, wie wir alle zusammen.

Nach der Mittagsrast war es soweit: ich sollte/wollte nun doch einmal erfahren, wie es denn sei, auf einem dieser Tiere zu reiten. Wir packten das gesamte Material auf das ältere der beiden Kamele und ich stieg auf mein Reitkamel auf. Angst hatte ich ja nicht von den Tieren. Wirklich Spass machte das Reiten aber dennoch nicht. Einerseits war der Sattel so breit und dick gepolstert, dass ich meine Beine spreizen musste, bis es in den Hüften schmerzte. Andererseits sass man trotz der zusätzlichen Matraze (die vorsichtshalber noch auf den Sattel gelegt worden war) sehr hart. Das Schlimmste aber waren die Bewegungen. Die Dromedare schwankten – vor – zurück – vor – zurück – immerfort. Das ging, solange sie sich auf der Ebene bewegten. Sobald sie aber eine Stufe, ein leichter Abhang oder eine Geländeunebenheit kreuzten, tauchten sie entweder nach vorne weg, oder bäumten sich auf, um dem Weg zu folgen. Man musste sich also permanent wie vergiftet am Sattelknauf festhalten, um nicht abgeworfen zu werden. Nach einer halben Stunde hatte ich darum auch genug. Nach dem Foto (da mir das ja eh niemand glauben würde) stieg ich wieder ab und war froh, wieder selbst gehen zu dürfen.

Am frühen Abend erreichten wir den Djebel Beya. Ein Berg aus blaugrauen Felsen, der sich aus dem rötlich-beigen Sand erhebt. Am Fusse dieses Berges errichteten wir unsere Zelte und verbrachten wir die Nacht. Es war dunkel diesmal. Zum ersten Mal in meinem Leben merkte ich, wie sehr der Mond eigentlich die Nacht bestimmte. Ich hatte ja Glück den Vollmond hier erleben zu können, doch dass der Mondaufgang sich von Nacht zu Nacht so stark verschieben würde, das war mir nicht bewusst.